Avantgarde! Subversion! Testosteron!
(…) Auch unter Newcomern sind ernst zu nehmende politische Reflexionen wieder stärker en vogue – und die künstlerischen Strategien zwischen dem klassischen Doku-Format und der unterhaltsamen Ausschlachtung realsatirischer Kanzlerinnenstatements à la «Planet Porno» erfreulicherweise vielfältiger geworden. Die in Berlin ansässige internationale Truppe andcompany&Co. liefert mit «Mausoleum Buffo» zum Beispiel das verfahrenstechnische Gegenprogramm zu Kroesinger: Wo der Positionen minuziös auseinander dividiert, verdichten, sampeln und remixen die auf ideologischen Restmüll aus kalten Kriegszeiten spezialisierten Metaebenen-Jongleure ihr Material so lange, bis «Lenin» exakt wie «Lennon» klingt – wobei die Rede hier logischerweise nicht nur von der Signifikanten-, sondern vor allem von der Signifikatsebene ist.
Wenn in «Mausoleum Buffo» gerade durch das Wieder- und Wiederlesen, -Kontextualisieren und -Verfremden am Ende tatsächlich maximal unverstellt jener eigentümliche Bodensatz zutage tritt, der sich von gesellschaftlichen Ideen im kollektiven Unbewussten gemeinhin so festsetzt, hat das einen ziemlich einfachen Grund: Zwar sind andcompany&Co. nicht die einzigen, bei denen die Wege vom Sowjetfahnen-Emblem zum RAF-Logo oder von der Heiner-Müller- zur Lady-Bitch-Ray-Maske exakt so kurz sind wie die Hirnwindungen des durchschnittlichen TV-Quizshow-Konsumenten. Allerdings mit dem entscheidenden Unterschied, dass die Performer selbst im Vorfeld die realiter zurückzulegenden Langstrecken tatsächlich erst mal mit dem adäquaten IQ vermessen haben, bevor sie sie auf der Bühne kurz und klein sampeln – und damit souverän von einer Metaebene aus agieren, die oberflächlich vergleichbare Performances oft gar nicht erst ansteuern. Und zwar nicht mal nur mangels der entsprechenden Fähigkeiten, sondern oft schon wegen der Abwesenheit jedweden Problembewusstseins dafür (…)