Rotkäppchen und der Wolf (Biermann)

Zum Abschluss von «Freischwimmer»

Vier koproduzierende Bühnen, zehn Aufführungstage, sechs Inszenierungen: «Freischwimmer», die Plattform für junges Theater, hat an der Gessnerallee einen nachhaltigen Eindruck hinterlassen. Die vielversprechendste Hinterlassenschaft trägt den Namen Nicola Nord. Die Theatermacherin und Performerin hat mit bildenden Künstlern einen Wurf realisiert.

Rotkäppchen ist eine sozialistische Pionierin, und weil der Kommunismus am Ende der Geschichte ist, erzählt das Käppchen die Geschichte neu, von vorne nach hinten dieses Mal. Der Abend heisst «Little red (play): ‹Herstory›» und bringt die letzten grossen Utopien des 20. Jahrhunderts in eine derart vollendete Form, für die Bühnenschaffende an grossen Häusern üblicherweise ihren Ausstattungsetat überziehen – und im Feuilleton jubelnde Kritiken kassieren.

In der Gessnerallee spielte das Kollektiv Nicola Nord & Co. vor einem sehr jungen, sehr begeisterten Publikum, das (noch) keine öffentliche Stimme hat: Studierende an Zürcher Hochschulen (welche die Dramaturgin Anja Dirks anlässlich von «Freischwimmer» mit einem Kolloquium ans Theater herangeführt hat) sowie Anhänger der an Heiner Müller und Genossen geschulten beteiligten Künstler aus Amsterdam, New York und Düsseldorf. Die Mitwirkenden in Sachen Lichtdesign, Sound und Bühneninstallation lassen sich altruistisch in die Formel «& Co.» zusammenfassen und stellen sich gesammelt hinter die Federführende: die deutsche Theatermacherin, Performerin und Sängerin Nicola Nord. Aus der Zusammenarbeit entstand ein bemerkenswert intelligentes, synästhetisches Stück Utopie, das derart auf den Punkt gebracht ist, dass es auf der Rangliste des diesjährigen Nachwuchsfestivals ohne Frage und Konkurrenz Platz eins verdient hat.

Autor

Daniele Muscionico