Schwerpunkt Afrika - Erhellendes von andcompany&Co. bei Foreign Affairs

(…) Brillant dagegen und weder abseitig noch missverständlich setzt sich das Kollektiv andcompany&Co. in seiner Performance „Black Bismarck previsited“ mit der Geschichte des deutschen Kolonialismus auseinander.

Alexander Karschnia, Nicola Nord und Sascha Sulimma entlarven den 3. Oktober, an dem in Deutschland die Wiedervereinigung gefeiert wird, als ein bedenklich vorbelastetes Datum: Am 3.Oktober 1942 wurde in der Heeresversuchsanstalt Peenemünde die erste V2 Rakete abgeschossen, und am 3.Oktober 1904 erklärte Hendrick Witbooi, Kaptein der Nama und ehemaliger Verbündeter der Deutschen, dem Deutschen Reich den Krieg. Der sogenannte „Hottentotten-Aufstand“ in Deutsch Südwest-Afrika begann mit grauenhaften Folgen für die Nama und die Herero.

Die PerformerInnen, seit 2007 artist-in residence am Berliner Hebbel am Ufer, die mit ihren Stücken internationale Erfolge verbuchen, planen für 2013 die Produktion „Black Bismarck“ zum Thema Post-, Anti- und Neo-Kolonialismus und präsentierten beim Festival Foreign Affairs den ersten Zwischenstand ihrer Recherche als kabarettistischen Dia-Vortrag.

Pointiert, geistreich und sehr fundiert geschieht hier die Demontage des „eisernen Kanzlers“, der 1884 in Berlin die „Kongo-Konferenz“ einberief, bei der die europäischen Mächte den afrikanischen Kontinent unter sich aufteilten und willkürlich Grenzen festlegten, die z.T. bis heute gültig sind und immer wieder politische Konflikte verursachen.

Unkritische Bismarck-Verehrung, wie sie u.a. in Bismarck-Türmen in 173 deutschen Städten zum Ausdruck kommt, deutsche Ahnungslosigkeit in Bezug auf den von Deutschen begangenen Völkermord während der Kolonialzeit, harmlos daher kommender Rassismus in Schlagern und bei Afrika-Parties und, nicht zuletzt, die anhaltende Bevormundung und Ausbeutung afrikanischer Staaten durch Europa, weisen darauf hin, dass die Ideologie der weißen Herrenmenschen nicht nur die Sache einiger Rechtsradikaler ist.

Die PerformerInnen zitieren Toni Morrison, kombinieren historische und aktuelle Dokumente und machen den ganz selbstverständlich immer noch deutsche Köpfe beherrschenden Kolonialismus schmerzhaft bewusst.

Autor

Hinrike Gronewold